Wallerangeln in Deutschland - Folge 2
Wallerdrill vom Ufer, darauf müsst ihr achten!

Herzlich Willkommen zur zweiten Folge von „Wallerangeln in Deutschland“! Heute nehmen wir den Wallerdrill vom Ufer mal ganz genau unter die Lupe. Es gibt einige Dinge, die Ihr beachten müsst, damit Ihr den Fisch des Lebens nicht verliert oder es zu Komplikationen im Drill kommt.
Aber warum sollte ich überhaupt vom Ufer drillen? Schließlich sieht man in den meisten Filmen, dass ein Schlauchboot dafür verwendet wird. Wenn man ein Boot zur Verfügung hat, sollte man dieses auch zum Drillen verwenden. Dadurch befindet man sich stets über dem Fisch und die Gefahr sinkt, dass die Hauptschnur unter starkem Zug über scharfe Kanten reibt oder dass der Wels sich in Hindernissen festsetzen kann.
Allerdings ist an vielen deutschen Gewässern ein Boot verboten und nicht jeder hat ein Schlauchboot oder ähnliches zur Verfügung. Zudem möchten viele Deutschland-Angler sowieso auf ein Boot verzichten, weil sie nur Kurzansitze mit wenig Tackle machen möchten oder das Wallerangeln nebenbei betreiben. Ebenfalls haben Jungangler meist nicht das nötige Kleingeld, um sich ein Boot zuzulegen.
Aber ich kann Euch entwarnen, denn es geht auch ohne Schwimmhilfe. Natürlich findet Ihr unten auch wieder den Film zur zweiten Folge. Dort dient als Anschauungsmaterial der Uferdrill von einen 100kg Wels, den ich letztes Jahr an einem heimischen Gewässer überlisten konnte. Diesem Fisch widme ich jetzt auch die folgende Drillbeschreibung.

Sei bei einem vorsichtigen Wallerbiss immer auf der Hut!

Bei diesem Waller hatte es der Anhieb schon richtig in sich. Anfangs zuppelte nur die Rutenspitze über mehrere Minuten ganz leicht. Ich konnte gerade eben erahnen, dass sich ein Fisch am Köder zu schaffen macht. Somit dachte ich, dass es sich maximal um einen kleinen Wels handelt. Also griff ich zur Wallerrute und nahm vorsichtig Kontakt zum Fisch auf. Weil ich nichts wildes erwartete, überprüfte ich die Bremseinstellung im Vorhinein nicht. Die Rollenbremse habe ich immer sehr hart eingestellt, wenn die Rute im Rutenhalter verweilt und öffne sie je nach Situation im Drill.
Ihr könnt Euch nicht vorstellen was passierte, als ich den Anhieb in Gedanken an einen halbstarken Waller setzte! Mein gegenüber startete ohne Vorwarnung zur ersten brachialen Flucht! Nichtsahnend auf das Bevorstehende machte ich einen Satz von mehreren Metern direkt ins Wasser und konnte mich gerade eben auf den Beinen halten. Deshalb ist es ganz wichtig, seid beim Wallerbiss stets auf der Hut und immer bei vollster Konzentration. Ihr wisst nie, was sich gerade an Eurem Köder zu schaffen macht. Setzt ein Großwels zu einer Flucht an und Ihr habt die Bremse zu weit geschlossen, kann es Euch die Rute aus der Hand reißen oder ihr fliegt ganz einfach mit ins kühle Nass.
Nach der ersten krassen Flucht ist der Waller aber sofort langsam mitgeschwommen, so dass kaum Druck auf der Welsrute lastete. In so einem Fall müsst Ihr immer im Hinterkopf haben, dass Großwelse nach dem Biss häufig auf Euch zuschwimmen und wie aus dem Nichts wieder abdrehen und die nächste harte Flucht starten. Darauf müsst Ihr immer vorbereitet sein. Auch wenn es den Anschein macht, als hätte ein kleiner Wels gebissen, bedenkt immer, es kann ein großer Bartelträger sein, der anfangs einfach nur mitschwimmt.
Nachdem der Wels die ersten Meter schnell mitgekommen ist, merkte er, dass etwas nicht stimmt. Daher legte er sich mit seiner gesamten Masse auf den Gewässergrund und blieb über mehrere Minuten ganz einfach regungslos liegen. Ich hatte zuerst die Hoffnung, dass der Wels vom Uferbereich Richtung Seemitte ziehen würde. Da ist die Gefahr geringer, dass der Fisch sich irgendwo festsetzen kann. Zudem reibt die Hauptschnur nicht unmittelbar über die steil abfallende Kante.
Aber weit gefehlt, den Gefallen tat mir der Fisch natürlich nicht. Legt der Wels sich auf den Gewässergrund ist es ganz wichtig, dass man immer einen gewissen Druck auf die Rute ausübt und die Schnur nicht lockerlässt. Andernfalls könnte sich der Haken aus dem Fischmaul lösen. Es gilt dabei zu beachten, dass man nicht zu stark zieht, denn man weiß nie, ob sich Steine oder andere scharfe Gegenstände an der Kante befinden, wo die Schnur drüber verläuft. Zieht Ihr zu stark und der Wels setzt plötzlich zu einer Flucht an, kann es passieren, dass die Hauptschnur reißt. Der Stein, wo die Schnur drüber läuft, kann jetzt nämlich zur Rasierklinge werden und selbst eine noch so dicke Wallerschnur sprengen.

Sei im Wallerdrill geduldig und immer bei vollster Konzentration!

Ich hatte in dem Drill die Möglichkeit, dem Fisch durch das knietiefe Wasser am Ufer etwas entgegenzugehen. Dadurch konnte ich näher an die Uferkante gelangen, wo sich unterhalb der Fisch abgelegt hatte. Somit veränderte sich der Schnurwinkel von der Rutenspitze zum Fisch, so dass ich wieder besseren Kontakt zum Waller aufnehmen konnte. Der Wels merkte natürlich sofort, dass ich den Druck erhöhte. Dadurch setzte er sich nach schier endlosen Minuten wieder in Bewegung und es folgte eine weitere Flucht, die es in sich hatte.
Hierbei ist es immer ganz wichtig, dass sofort die Bremse gelockert wird, damit der Fisch Schnur nehmen kann. Mit jeder Flucht, bei der die Hauptschnur über die Kante saust, steigt die Gefahr, dass irgendwann eine Schwachstelle entsteht. Letzten Endes ist bei einer starken Flucht ein Schnurbruch die Folge und der Fisch verschwindet auf nimmer Widersehen.
Die nächste Hürde besteht darin, den Wels die Kante hochzubekommen, was bei Großwelsen von 100kg gar nicht so einfach ist. Aber auch bei Fischen von 30 bis 50kg ist es alles andere als einfach. Es gilt den Waller ganz langsam die Kante hochzupumpen. Das muss mit Gefühl erfolgen, denn jede Sekunde kann etwas Unvorhersehbares passieren. Deswegen lasst Euch von einem Angelkollegen oder anderen Dingen nicht ablenken und konzentriert Euch voll und ganz auf den Drill sowie den Fisch. Der Kampf mit einem solchen Giganten ist wirklich nervenaufreibend und verlangt einem alles ab.
Mit etwas Geduld schafft man es, den Wels zum ersten Mal oberhalb der Kante zu dirigieren. Aber ehe man sich versieht taucht der Riese auch schon wieder ab. Die Gedanken, die einem dabei durch den Kopf schießen sind einfach Wahnsinn. Gefühlsschwankungen ohne Ende sind vorprogrammiert. Man taucht sozusagen in eine ganz andere Welt ab und vergisst alles um sich herum. Zudem geht ein solcher Drill ganz schön auf die Arme, deswegen ist es empfehlenswert, sie zwischendurch mal auszuschütteln, bevor sie verkrampfen. Es nützt aber alles nichts, eine Erholungspause gibt es erst nach dem Drill.
Jetzt heißt es weiterpumpen und die gerade verlorene Schnur wieder einzuholen. Der Fisch kommt langsam aber sicher wieder in den oberen Kantenbereich. Das gefällt ihm natürlich wieder nicht. Also beginnt gleich wieder die wilde Fahrt und der Griff zur Bremse muss sofort erfolgen, sonst war es das und alles war umsonst. Es folgt eine knallharte Flucht nach der anderen, die ihres Gleichen suchen. Einfach nur Wahnsinn. Immer wieder fahren Schläge durch die Rutenspitze. Der Blank sollte deswegen nicht zu hart ausfallen, damit er das ganze abfedern kann.
Endlich zeigt sich die erste Bugwelle, das Blut gefriert einem in den Adern und dem Fisch gehen langsam die Kräfte aus… Denkste! 
Steht Ihr mittlerweile im Wasser und verfolgt den Wels teilweise, achtet immer genau auf jeden Schritt und Tritt, wenn Ihr mit den Gedanken nur beim Fisch seid. Es kann plötzlich eine tief abfallende Uferkante kommen und wenn man da runter segelt, ist nicht nur der Wels samt Rute weg, sondern es kann lebensgefährlich werden.

Beim Wallergriff ist extreme Vorsichtig geboten! 

Ich verwende übrigens immer eine dicke Schlagschnur, denn die Fluchten gegen Ende des Drills auf kürzester Distanz können es richtig in sich haben. Deswegen ersehne ich bei einem solchen Drill stets den Zeitpunkt, wo ich endlich den Übergang von Hauptschnur zu Schlagschnur sehe und die erste Kurbelumdrehung auf der Rolle habe. Dann bin ich schonmal auf einer sichereren Seite.
Noch setzt der was alles was er hat entgegen, aber die Bugwellen an der Oberfläche schaffen schon etwas Erleichterung! Es gibt nichts Schlimmeres, als wenn sich der Wels kurz vor den Füßen verabschiedet. Langsam aber sich neigt sich der Drill dem Ende und es ist ja auch schon gut eine halbe Stunde vergangen seit dem Biss. Aber bedenkt, dass der Drill erst zu Ende ist, wenn er auch wirklich zu Ende ist. Das heißt, beim Wallergriff ist nochmal vollste Konzentration angesagt. Ein kleiner Klaps auf den Kopf des Fisches zeigt mir, dass er zum Wallergriff bereit ist. Andernfalls würde er nochmal zu einer starken Flucht ansetzen. Greift Ihr dem Fisch sofort ins Maul und er hat noch für eine Flucht Kraftreserven, kann das Böse enden. Packt Ihr versehentlich in den Drilling und ein Großwels flüchtet nochmal, kann das ganz schnell im Krankenhaus enden.
Es ist geschafft, ich habe den Wels sicher im Griff. Einfach ein Wahnsinns Wels! Und das nicht etwa in Italien, Spanien, Frankreich oder sonst wo, sondern direkt vor der Haustür in der Heimat! Ja, jetzt bei der Beschreibung bin ich selbst wieder voll und ganz in den Drill eingetaucht, als wenn dieser gerade erst stattgefunden hätte.

Ich fasse die Wichtigsten Punkte nochmal zusammen:
    • Sei beim Biss immer auf der Hut, auch wenn er noch so zaghaft erfolgt, denn Ihr wisst nie, was am anderen Ende lauert und sich an eurem Köder zu schaffen macht!
    • Sei während des gesamten Drills bei vollster Konzentration, denn Ihr wisst nicht, was als nächstes passiert. Jeder kleinste Fehler kann sofort bestraft werden!
    • Habt im Drill stets eine Hand an der Bremse, damit Ihr diese sofort lockern könnt, sobald der Wels Vollgas gibt!
    • Liegt der Wels unterhalb der Kante, sei geduldig und gehe mit Gefühl an die Sache!
    • Der Drill ist erst zu Ende, wenn er zu Ende ist! Sei also beim Wallergriff extrem vorsichtig!
Auch wenn man einen solchen Drill mit einem Großwels schon X-Male erlebt hat, ist es jedes Mal aufs Neue unfassbar und etwas Besonderes. Jeder Drill hat nämlich seine eigenen Gesetze und dementsprechend muss man immer voll und ganz bei der Sache sein.
Natürlich ist nicht jeder deutsche Wels ein XXL-Gigant, aber mittlerweile sind solche Fische keine Seltenheit mehr und jederzeit an nahezu jedem deutschen Gewässer möglich.

Zu guter Letzt ist natürlich auch das Tackle, wie Wallerrute, Welsrolle, Hauptschnur und das Zubehör ganz wichtig. Darauf komme ich aber in der dritten Folge von „Wallerangeln in Deutschland“ zu sprechen. Welche Eigenschaften sollten die Ruten aufweisen? Worauf gilt es bei der Rolle zu achten? Warum ist die gesamte Wallermontage nur so stark, wie ihr schwächstes Glied und vieles mehr erwartet Euch!

Also seid gespannt!

Ihr könnt mir gerne hier oder bei Instagram (ruwen.koring_fishing) Vorschläge senden, welches Thema ich in den kommenden Folgen behandeln soll.

Schleimige Grüße
Ruwen Koring